Unter Frankreichs Sonne

Jakobsweg: Die Pilger aus Baunatal haben sechste Etappe abgeschlossen

HNA 04.11.2014

Baunatal. Baunataler Pilger der Kirchengemeinde Altenbauna sind wieder auf dem Jakobsweg unterwegs. Pfarrer Günter Törner schickte uns diesen zweiten Bericht von der insgesamt sechsten Etappe in Richtung Santiago de Compostella.

Unterwegs mit Markus

Während in Deutschland der Herbst Einzug gehalten hat – so jedenfalls berichten die Daheimgebliebenen – lassen die Baunataler Pilger sich in Südfrankreich die Sonne ins Gesicht scheinen. Das Wetter während der zweiwöchigen Tour lässt nichts zu wünschen übrig, die Temperaturen liegen um die 25 Grad Celsius und so ist es manchem schon eher zu heiß, direkt in der Sonne zu laufen. Unter diesen Bedingungen lässt es sich auch leichter über die täglichen Impulse nachdenken und austauschen. Ausgangspunkt für die täglichen Impulse sind die verschiedenen Geschichten des Markusevangeliums. Angeregt durch die Geschichte der Speisung der 5000 stellt sich uns die Frage nach der Fülle, die uns im Leben umgibt und die man so häufig einfach als selbstverständlich ansieht und damit auch gern übersieht.

Morgendlicher Impuls

Um diese sichtbar zu machen, bekommen die Pilger bei einem morgendlichen Impuls drei Bohnen für die Hosentasche, die auf die andere Seite wechseln sollen, sobald ein Moment eintritt, in dem sich Fülle zeigt. Die Feedbackrunde am Abend macht deutlich, dass dies ganz unterschiedliche Momente sein können: die Freude über eine kurze Hilfestellung, die überraschende Erinnerung an ein Lied aus der Kindheit, das Glück, bei fremden Menschen eine Einladung zur Benutzung der Toilette zu bekommen, die Freude über einen sehr netten Empfang in der Herberge.

Andere Geschichten, mit denen sich die Pilger beschäftigen, sind zum Beispiel: die Erzählung von der Tempelreinigung, in der Jesus die Händler aus dem Tempel vertreibt. Besitz und Konsum verstellen den Weg zum Allerheiligsten. So wird die Suche nach dem wahren Glauben leicht zum Geschäft mit der Ware Glaube. Woher kennen wir das aus unserem Leben?

Andere Geschichten, wie die der Blindenheilung, bieten die Möglichkeit der körperlichen Umsetzung. So wurde der Heilung eines Blinden nachgespürt, indem die Gruppenteilnehmer sich gegenseitig die Hände auf die Augen legten. Hierbei geht es jedoch weniger darum, einen „äußeren“ Heilungsvorgang nachzuspielen, als um ein tieferes, emotionales Verständnis der Geschichten.

Restaurant geschlossen

Eine Begrüßung und auch der Aufenthalt in einer Herberge können sehr unterschiedlich ausfallen. So wurde der Gruppe in einer städtischen Jugendherberge eher abweisend begegnet. Es kam aber auch vor, dass die Gruppe mit frischem Wasser und Sirup in verschiedenen Geschmacksrichtungen auf das Herzlichste empfangen wurde. Die Hilfsbereitschaft der Menschen ist in der Regel sehr groß und oft auch „überlebensnotwendig“ für solch eine Gruppe, so zum Beispiel. wenn das Restaurant, das Monate vorher reserviert wurde, plötzlich Betriebsferien hat und schnell ein Ersatz gefunden werden muss.

Drei Jahre bis zum Ziel

Fortschritte zeigen sich auch in der Kondition der Gruppe. In der zweiten Woche gelang es zum ersten Mal, dass alle Teilnehmer gemeinsam eine Tagesetappe zurücklegen konnten und keiner aufgrund von Fuß-, Erkältungs- oder sonstigen Beschwerden, den Begleitbus nutzen musste. Dies mag sich zunächst ungewöhnlich anhören, ist jedoch unter anderem zurückzuführen auf die heterogene Zusammensetzung der Gruppe, die in Alter, Kondition und letztlich auch Willensstärke variiert.

Es mag vorkommen, dass der Einzelne nach 20 Kilometer Weg erschöpft ist, jedoch von der Gruppe mitgetragen wird. So wird leicht deutlich, wie viele verschiedene Faktoren es sind, die dazu beitragen, das diesjährige Ziel der Tour zu erreichen. In drei Jahren schließlich planen die Pilger, in Santiago de Compostela anzukommen. Dort werden sie auch ihr Holzkreuz, das aus einem Ast aus dem Wald am Fuß der Wartburg gefertigt wurde, ablegen, das sie den ganzen Weg hindurch Schritt für Schritt auf dem Weg getragen haben.

Ein Gottesdienst mit den Pilgern findet am Sonntag, 9. November, ab 10 Uhr in der Gethsemanekirche in Baunatal statt.