Noch 3 km und das Ziel ist erreicht. Mehr als 100 km liegen bereits hinter uns. Jeder Tritt in die Pedale kostet unglaubliche Kraft. Die Klamotten kleben am Leib. Der Schweißgeruch wird immer bestimmender. Bleibt der Wunsch, das Ziel möglichst bald zu erreichen: das Kloster der Koptischen Kirche in Deutschland in Höxter Brenkhausen

Der Bischof erwartet uns. Vermutlich hat er Obst, belegte Brote, Kuchen uva. bereitstehen. Tee und Wasser in Hülle und Fülle. Menschen, die uns herzlich willkommen heißen, tauchen vor meinem inneren Auge auf und geben mir zusätzlich Kraft für die letzten Meter. Die Jugendlichen folgen mir gehorsam.

Am Ziel angekommen sehe ich schwarze Limousinen in der Hofeinfahrt des Klosters. Chauffeure, die zusammen stehen und miteinander reden. Ach du meine Güte, was ist das denn? Sind wir hier falsch? Stimmt vielleicht das Datum nicht? Rechnet heute überhaupt jemand mit uns? Fragen über Fragen. Ich bitte die Gruppe zu warten. Ich muss hinein, um zu sehen, was ist.

Männer in Anzügen, Frauen in Kostümen stehen umher. Wo finde ich den Bischof? Ich fühle mich äußerst unwohl in meinen Fahrradklamotten. Aber ich muss hier durch. Da entdecke ich ihn, Bischof Anba Damian. Er kommt mir freudig entgegen. An seiner Seite erkenne ich Bundestagspräsident Lammert. Ich kannte ihn bisher nur aus dem Fernsehen. Was soll das werden? Wie komme ich hier wieder heil hinaus?

„Herr Dr. Lammert, das ist mein Freund Hans K.*. Er ist Pfarrer und mit seinen Jugendlichen auf dem Rad zu uns hier unterwegs“, so höre ich den Bischof reden.

„Entschuldigen Sie bitte, dass wir hier so herein platzen“, sage ich, „ich wusste von all dem hier nichts. Entschuldigung.“ Der Bundestagspräsident hat mir inzwischen die Hand gegeben. „Freue mich, Sie kennen zu lernen“, sagt er.

„Am besten, ich gehe wieder hinaus zu meinen Jugendlichen“, sage ich zum Bischof gewandt. „Wir warten draußen, bis Ihre Veranstaltung zu Ende ist.“

„Nein, mein Bruder!“ so der Bischof. „Nein, auf keinen Fall. Hol deine Leute herein und stärkt euch. Das Büfett ist reichlich gedeckt und es ist genug für alle da – vor allem für euch. Ich denke“, so höre ich ihn noch sagen, „ihr braucht jetzt eine Stärkung.“ Dann bin ich auch schon draußen...

Staunend und zutiefst beeindruckt von der überaus herzlichen Einladung des Bischofs, nehmen wir das Angebot sehr gerne und dankbar an. So brav und zurückhaltend hatte ich meine Jugendlichen bis dahin noch nicht erlebt.

* Name ist geändert