AUF DEM WEG NACH SANTIAGO DE COMPOSTELA (VI)

Von Conques nach Eauze

Tagebucheinträge

von Heide Bahr

Jep! Es geht wieder los! Eben noch auf der Geburtstagsfeier unserer Zwillinge und jetzt im Bus nach Frankreich. Um 17:00 Uhr ist pünktlich Abfahrt und in dem richtig, richtig großen Reisebus hat jeder zukünftige Pilger einen Doppelsitz für sich alleine! Toll! Etwas Bedenken haben wir, weil letztes Jahr die Hin- und Rückfahrt echt anstrengend waren. Auch vor den anderen Herausforderungen haben wir Respekt. Sind wir fit genug? Hält die Gesundheit? Wie ist die Stimmung? All das werden wir erleben, Geduld ist angesagt, jetzt geht`s erst mal gen Süden. Als wir an Frankfurt vorbei fahren ist es schon dunkel. Die Skyline sieht klasse aus. Wie immer sind Zusteigemöglichkeiten in der Wetterau und in Karlsruhe, dann sind alle an Bord. 27 Altpilger + Lydia. Sie ist die Nichte von Heinz und tritt in Uwes Fußstapfen.

Die Nacht vergeht dann doch recht gut und wir sind schon um 10:30 Uhr in Conques! Günter macht sein Versprechen wahr und wir können uns noch mal in Ruhe im Ort umschauen, das war letztes Jahr knapp gescheitert. Der gut deutsch sprechende Priester ist auch wieder in der Kathedrale und begrüßt uns kurz. Auch diesmal ist der Kontakt wieder eher unterkühlt. Komisch. Jedenfalls beginnt die Pilgerung bei strahlendem Sommerwetter, das hebt eh die Stimmung. Leider erfahren wir, dass Heinz unterwegs einen Reifenplatzer hatte. Gott sei Dank ist nichts weiter passiert. Außer dem Schrecken und dem anschließenden Tohuwabohu mit dem Pannendienst.

Um 12:00 Uhr geht’s los, erst runter ins Tal, über eine schöne alte Brücke, dann wieder hoch, ziemlich steil sogar. Zwischendurch, bei einer kleinen Kapelle haben wir einen letzten wunderschönen Blick auf Conques! Eauze, wir kommen!!! Dauert aber noch etwas. Nach heißen 20 km und einigen süßen Eseln am Wegesrand kommen wir in einem kleinen Hotel in Decazeville an. Das mit den Franzosen und dem Essen bewahrheitet sich auch hier wieder. Wir werden mit drei Gängen verwöhnt. Sehr lecker. Müde geht’s in die Betten, endlich ausstrecken!!!

Sonntag 19.10.2014          Decazeville – Faycelles

Das Frühstück ist spärlich aber ausreichend und nach dem Morgengruß machen wir uns auf die Socken. Alles wie immer. Die Landschaft ist nicht mehr so bergig, die Hügel haben es aber trotzdem noch in sich. Mittagsrast ist an einer hübschen kleinen Kirche. Dort feiern wir auch unseren 1. gemeinsamen Gottesdienst. Unser Thema ist dieses Jahr Markus und sein Evangelium. Ein Text-Heft soll uns begleiten, wir sind gespannt.

Wie schon in den anderen Jahren ist ein aufstellbares Bild dabei. Darauf zu sehen ist eine Abbildung des Markus. Als müsste das so sein, passt diese farblich sehr gut zu dem (gestern nach Renovierung eingeweihtem) Chorraum der Kirche! Top! Dann soll es weitergehen und Ute fragt mich und diverse andere Leute ob sie Taschenlampen dabei haben. Habe das erst für einen Scherz gehalten. Es sollte sich herausstellen, dass die Etappe etwas länger als gedacht werden würde. Pilgern im Dunkeln. Hatten wir schon mal morgens aber abends, das ist neu. Gut, dass das Schild beleuchtet ist. Man hätte sonst leicht an Jesus Gite vorbeilaufen können. Der heißt wirklich so! Er hat einen grauen Pferdeschwanz und passt genau ins Bild. Wir werden gut versorgt und schlafen heute in einem Jungen- und einem Mädchenhaus! Kurz vorm Schlafengehen schauen wir uns noch den Sternenhimmel an. Dann träumen wir süß von sauren Gurken.

Montag 20.10.2014          Faycelles – Cajarc 

Leider geht es heute einigen Pilgern nicht gut. Magen- Darm. Gut, das sie hier in der Unterkunft erst einmal bleiben können! Aber wo haben die diesen Schlamassel her? War etwas mit dem Essen nicht in Ordnung? Überanstrengung bei viel Sonne? Oder ein Virus? Wir wissen es nicht wirklich. Alle die fit sind, gehen nach dem Morgengruß los. Leider erwischt es auch Christoph unterwegs und Heinz findet uns nach langem Suchen am Straßenrand und bringt den Kranken ins nächste Quartier. Danke! In Cajarc verteilen wir uns auf zwei Gites. Wer noch Appetit hat, geht essen, alle anderen schlafen sich gesund.

Dienstag 21.10.2014          Cajarc – Varaire

Einige fühlen sich noch nicht gut und setzen heute aus. Christoph ist wieder dabei! Supi! Noch etwas blass um die Nase aber immerhin. Beim Loslaufen im Ort finden wir ein Kilometerschild: noch 1241 Km bis Santiago de Compostela. Es wird langsam. Leider geht es am Nachmittag Lothar nicht so gut, er ist etwas leidend. Ein Kaffee am Marktplatz und die Fahrt mit Heinz tun ihm gut. Zufriedenheit ist wertvoll. Unterwegs sehen wir eine Truppe von Hausschweinen! Im Schweinsgalopp kommen sie zu uns an den Zaun. Total niedlich. Absolut neugierig und liebenswert. Leider schmecken die auch gut…

...abends treffen alle Pilger wieder aufeinander. Den meisten geht es besser, nur Gerrit schwächelt noch. Aber auch das wird werden. Nach dem Essen sitzen wir noch in der Gemeinschaftsküche beim Wein als das Licht ausgeht. Stromausfall. Im ganzen Ort! Es werden flugs Kerzen organisiert, dann kann der Abend weitergehen. Dachten wir. Plötzlich geht die Tür eines Zimmers auf und ein Franzose (Herrchen von Schäferhund Heidi) bittet um Ruhe. Wir versuchen es flüsternd, doch alle, die den Raum betreten, lärmen rum. Um das Ganze zu toppen, geht der Feueralarm an! Werner erschreckt sich so, dass er aus dem Stand zwei Meter weit springt. Die Tür von Heidis Herrchen geht auf und er fragt: „Is it a joke?“ Brüllendes Gelächter!!! Perfektes Drehbuch! Leider geht der Alarm nach etwa 5 min wieder aus. Das Licht bleibt auch aus. Ca. um 2:00 Uhr ist der Strom dann wieder da. Zum Schlafen brauchen wir ja auch keinen.

Mittwoch 22.10.2014          Varaire – Cahors

Mit dem Heidi Herrchen haben wir es uns verscherzt. Während wir den Morgengruß machen, gehen die einfach durch unseren Kreis und würdigen uns keines Blickes. Ich muss an die „Teutonenwalze“ denken. Wo unsere Gruppe auftaucht, ist natürlich Leben in der Bude. Schlecht für Einzelreisende. Ist aber nun einmal so. Also wir hatten jedenfalls unseren Spaß mit dem Alarm und außerdem konnten wir ja gar nichts dazu!

Es geht immer noch ziemlich hügelig weiter, durch Eichenwälder und an runden Steinhütten vorbei. Sehen wie italienische Trullihäuschen aus. Vielleicht sind mal Italiener hierher ausgewandert und haben die mitgebracht. Oder andersherum. Also Franzosen nach Italien. Aber das ist auch egal. Vom letzten Berg haben wir einen guten Überblick über Cahors, unserem Etappenziel. Relativ großes Städtchen. Die Jugendherberge ist eine mittlere Katastrophe. Mangels Kirche findet der Gottesdienst im Speisesaal statt. Besser als nichts, aber schön ist anders. Inhaltlich hat er sich allerdings sehr gelohnt. Man muss eben die guten Dinge sehen. Sollte man viel öfter tun. Ist aber gar nicht so einfach!

Donnerstag 23.10.2014          Cahors - Lascabanes

Nach der entspannten Nacht im „Männerzimmer“, geht es über eine tolle alte Brücke mit Türmen über den Lot. Den haben wir schon des Öfteren überquert. Mal hin, mal her. Über dem Wasser sind leichte Nebelschwaden oder Wasserdampf oder so. Sieht toll aus. Wie wenn die Wassergeister mit dünnen Tüchern winken. Wenn es die geben würde, gibt’s aber nicht. Also weiter. Den Berg hoch. Über eine steile Treppe. Und schon ist uns wieder warm! Der Ausblick entschädigt unsere Mühe. Endlich sind wir raus aus der Stadt, die Natur ist viel schöner. Riecht auch besser. Wir sehen Schafe, Esel und sogar ein Reh! Hammer. Das hat alle Jäger ausgetrickst, hoffentlich gelingt es ihm auch weiterhin. 

Die Sonne meint es immer noch sehr gut mit uns und wir kommen abends zu einer Kirche, die einen Pilgergottesdienst anbietet. Da brauchen wir keinen Eigenen machen. Alle sind neugierig. Außer uns ist noch eine Pilgerin da. Der Pfarrer ist etwas perplex. Mit so vielen hat er wohl nicht gerechnet. Zur allgemeinen Überraschung bietet er uns eine Fußwaschung an. Einige von uns nehmen das Angebot war. Hinterher sind sie ganz angetan und fühlen sich richtig erfrischt. Gelungen! Abends sind wir aufgeteilt in zwei Gites. Eine direkt an der Kirche, die Andere den Weg wieder etwas zurück. Ganz nett. Gute Verpflegung. Toller Sternenhimmel. Wir schlafen tief und fest.

Freitag 24.10.2014          Lascabanes – Lauzerte

Früh geht’s los. Wir holen die Anderen ab und weiter geht’s. Morgens, wenn die Sonne so tief steht, sind die Schatten der Pilger ganz lang. Lauter dünne, abgerissene Gestalten. Könnte man denken. Wie das täuschen kann! Mittags haben wir einen schönen Gottesdienst in einer Kirche oben auf einem Berg. Zur Pause hat Heinz Wasser für Brühe heiß gemacht. Lecker! Das weckt die Lebensgeister und stille Reserven. Die Landschaft wird jetzt merklich flacher. Der Wald ist großen Feldern gewichen. Die Bauern sind mit Traktoren unterwegs. Trockene Erde wir aufgewirbelt und weht in langen Fahnen über das Land. Der letzte Hügel ist bezwungen und der Blick gleitet nach Lauzerte. Das Ziel ist erreicht. Allerdings liegen die Bungalows die uns für zwei Tage beherbergen sollen etwas außerhalb. Nicht schlimm. Die Wirtsleute geben sich große Mühe und alles ist gut. Wir freuen uns auf den freien Tag morgen!

Samstag 25.10.2014          Lauzerte

Natürlich schlafen wir etwas länger um dann in kleinen Gruppen aufzubrechen und den mittelalterlichen Ort zu besichtigen. Erfreut stellen wir fest: es ist Markttag! Kleine, bunte Tomaten, Käse und Brot werden eingekauft. Und Gewürzsalz als Mitbringsel für die Nachbarn die unser Haus hüten. Haus. Zu Hause? Das ist ja so weit weg. Man denkt wenig daran. Hier ist man nur im Jetzt. Der Moment zählt. Vielleicht mal bis morgen planen. Aber das war`s dann auch. Sich nicht kümmern müssen. Keine Verpflichtung, kein Termin. Nur hier sein. Wahrnehmen, genießen, aufsaugen, speichern für „schlechtere Zeiten“. Später diese Eindrücke, Gefühle, Gerüche abrufen. Sich erinnern. Darum sind wir unterwegs. Deshalb bin ich hier! Der „kleine Rote“ gehört auch dazu, den wir uns ganz genüsslich auf dem Marktplatz gönnen. In der Kirche singen wir etwas, das wir auswendig können. Magnificat, Jubilate deo, klingt sehr schön. Im Pilgergarten machen wir ein Mittags-Picknick und genießen den Ausblick! Dann geht es zurück um noch etwas am „Pool“ abzuhängen. Außerdem gibt Christiane eine Singsunde. Bin leider hustengeplagt und krächze nur leidlich mit. Die Anderen können das aber ganz gut. Heute erleben wir einen „open Air Gottesdienst“. Wir machen eine Partnerübung. Kristina und ich. Gegenseitig halten wir uns die Hände vor die Augen. Im Dunklen fühlt man sich geborgen und unsicher zugleich. Ein intensiver Moment entsteht beim Öffnen der Augen. Anschließend gibt es ein Mehrgängeabendessen und dann sitzen wir noch lange unterm Partyzelt am Pool. Ein schöner Abend geht zu Ende. Morgen geht’s weiter. Noch 1138 Km.

Sonntag 26.20.2014           Lauzerte – Moissac

Auf dem Weg durch den Ort finden wir einen Blumenladen und unser Kreuz bekommt neuen Schmuck. In der Natur ist nicht mehr viel zu finden. Es gibt zwar viele bunte Beeren aber die sind auch sehr schwer. Das soll nicht sein. Leider sind es auch nur ein paar Leute die bereit sind, das Kreuz mal ein Stück zu tragen. Alle laufen mit Stöcken, da sind die Hände nicht frei. Aber es sollte doch mal möglich sein ne Stunde ohne zu gehen!?! Na ja, es wird schon klappen das Ding nach Spanien zu  tragen. Es muss ja. So gesehen, wird das Kreuz immer wertvoller. Man kann jetzt schon von tausenden Kilometern sprechen.

An einem Taubenhaus bekommen wir heute unseren Impuls. Wetter ist bestens, laufen gut, nur wenn man sitzt muss man aufpassen, dass das Sitzkissen nicht auf irgendwelchen Eicheln liegt! Sonst Aua! Davon gibt es jedenfalls jede Menge! Hier möchte ich Wildschwein sein. Oder lieber nicht. Die sind alle schon aufgegessen. Habe keinerlei Spuren gesehen. Dafür sieht man am Horizont den Wasserdampf eines Kühlturms aufsteigen. Bestimmt ein Atomkraftwerk. Keine schöne Landmarke! Am Ortsschild von Moissac sind es noch 1113 Km. Es wird langsam. Wir kommen an einer evangelischen „Kirche“ vorbei. Sieht aus wie bei uns ein Kulturverein der Moslems. Kommt einem komisch vor. Warum ist nur alles so katholisch hier? Dieses Land hat eben eine ganz andere Geschichte als unseres. Als wir an der großen Kirche im Zentrum ankommen, ist leider keine Zeit mehr den, laut Reiseführer sehr schönen, Kreuzgang zu besichtigen. Schade. Übernachten werden wir in einem alten Kloster. Die Auffahrt ist so steil, das Heinz da nicht hochfahren kann. Also alles schleppen. Dafür werden Christoph und ich mit einem Doppelzimmer belohnt! Fast kommt noch eine Doppelbelegung durch Catweazle und seinen Gitarrenfreund zustande. Die hab ich dann aber erfolgreich verscheucht. Zwei Herren vom Küchenteam servieren uns mit Charme und Humor unser Abendessen. Lecker! Dann das Highlight des Tages. Anfangs sieht es gar nicht danach aus, das wir irgendwo unseren Gottesdienst halten können. Doch dann hat Werner sein diplomatisches Geschick spielen lassen und die Kirche klar gemacht! Allerdings ohne Licht. Aber mit ganz vielen Kerzen und einer tollen Akustik wurde der Gottesdienst zum Erlebnis. Danke dafür! Danach sitzen wir noch auf der Gartenterrasse und genießen den tollen Blick auf die Stadt. Trotzt der vielen hellen Lampen sehen wir auch heute wieder viele Sterne.

Montag 27.10.2014          Moissac – Antoine de Pont-d`Arratz

Gepäck den Berg wieder runter. Dann am Kanal entlang. Wunderschöne, riesige Platanen rechts und links. Blätter treiben im Wasser. Könnte mich hinsetzen und ihnen stundenlang zusehen. Wo geht die Blätterreise hin? Wo geht unsere Reise hin? Die Äußere? Die Innere? Was wird neu, was anders? Mal sehen. Neugierig bleiben! Irgendwann ist die „Flachetappe“ vorbei, wir überqueren die Garonne und erklimmen kurz und heftig eine Ortschaft mit ganz schönem Marktplatz. Toll renoviert. Man kann sich richtig mittelalterliches Treiben vorstellen. Na, die Gerüche lieber nicht. Nach langem Marsch kommen wir auf einem als Gite ausgebauten Bauernhof an. Wir werden sehr herzlich empfangen. Die Hausherrin bringt uns Wasser und Sirup in verschiedenen Geschmacksrichtungen. Sehr freundlich! Im Ort in der Kirche findet der Gottesdienst statt und was zu essen gibt es direkt gegenüber in einem netten Lokal. Perfekt! Wir probieren einen Armagnac aus der Region. 7 Euro pro Stück. Man gönnt sich ja sonst nichts! 

Dienstag 28.10.2014          Saint-Antoine de Pont d`Arratz - Lectoure

Heute Morgen kommen wir an einer Kirchenruine vorbei. Scheint in Privatbesitz zu sein. Kein Geld vorhanden. Notdürftig ist der Chorraum mit einem Holzdach bedeckt. Wir singen ein Lied. Irgendwie ist das traurig. Noch ein Gruppenbild, dann geht es weiter. Hier mag man nicht länger verweilen. Immerhin, es gibt noch Glocken.

Die Felder werden immer mehr und größer. Mittags rasten wir neben der Kirche. Auf dem Dach gurren Tauben. Eine fällt dem großen, schwarzen Hund zum Opfer. Ups! Im Gottesdienst geht es um Fülle und wer mag, kann etwas zum Thema sammeln, auf dem Altar ablegen und etwas dazu sagen. Ich dachte, alle sammeln Eicheln. Aber fast jeder hatte etwas anderes mitgebracht. Der Weg nach Lectoure  zieht sich ganz schön hin. Aber wir kommen an und wundern uns wieder einmal über die riesige Kirche. Ein Teil der Gruppe bezieht die Gite gegenüber dem Restaurant, der Andere geht zu Veronique, die uns mit Küsschen rechts und Küsschen links begrüßt. Sie fragt alle nach dem Namen. Kann mir nicht vorstellen dass sie sich die gemerkt hat. Sie kommt aus der Bretagne, eine echte Sch`ti! Andres hat sich in der Küche selbst einen Tomaten/Paprika/Zwiebelsalat mit Schafskäse und Rührei gemacht. Ich habe probiert! Lecker!!! Alle anderen verlassen das Haus. Das Essen gib es auf dem Flohmarkt. Also, alles an Interieur kann auch gekauft werden. Gut das wir gerade nichts brauchen. Es schmeckt und der Wein ist zwar etwas teurer aber gut. Die Nacht im Männerzimmer ist relaxed.

Mittwoch 29.10.2014          Lectoure – La Romieu

Veronique hat uns ein schönes Frühstück gemacht, die Katzen bekommen auch ihren Teil. Vom Tisch! Na, wer`s mag. Meins ist es nicht. Danach Verabschiedung mit Küsschen rechts und Küsschen links. Au revoir! Wir treffen uns mit den Anderen an der Kirche. Leider  muss erst noch ein Teil der Rechnung vom Vorabend beglichen werden. Ok, den Kaffee hatte ich auch nicht auf dem Schirm. Aber dass zwei Flaschen Wein und diverse Biere nicht bezahlt wurden, ist entweder eine Sauerei oder die Wirtin hat sie nicht abgehakt. How ever! Der Tag fängt mit einer Sammlung an. Blöd. Trotzdem ist die Stimmung nicht lange gedrückt. Voller Tatendrang geht’s in den Tag. Auf in die Stadt der Katzen. Ausgerechnet! Hasen währen mir lieber. Heute ist es nicht so weit und wir können es etwas gemächlicher angehen lassen. Mittagspause ist an einer Kirche mit ausgiebigem Austausch. Mal im Sitzen! So wie früher! Damals! Das waren noch Zeiten! Es geht jedenfalls um die drei Kräfte Jesus, jüdische Priester und Pontius Pilatus. Wer hat vor wem Angst und warum? Eigentlich klar wie Kloßbrühe. Deshalb habe ich auch mehr über meine eigenen Ängste nachgedacht. Am Ziel habe ich wieder im Herrenzimmer eingecheckt und Günter erfindet die Geschichte von Heide und ihren sieben Männern. Daraus wird Schneewittchen und die sieben Zwerge. Lustig! Ich kann jedenfalls darüber lachen und meine Zwerglein auch! Jedenfalls haben wir Platz im Dormitorium.

Heute ist Freizeit möglich! Wir gehen erst eine Kleinigkeit einkaufen und schwatzen dann auf Bänken am Marktplatz. An der riesigen Kirche ist ein schöner Kreuzgang, endlich mal  Zeit  genauer und in Ruhe hinzuschauen. Im Gottesdienst kämpfe ich mit der Müdigkeit. Haben heute gar nicht so viel gemacht und man ist trotzdem kaputt. Im Restaurant bin ich wieder wach. Logisch. Ja, ja. Die, die beim Essen schwitzen oder so…Danach können wir im Frühstücksraum noch lange sitzen und stören niemanden. Höchstens den Hausherren. Der kommt pünktlich um 23:00 Uhr zum Lichtlöschen. Aber wir haben ja Kerzen.

Donnerstag 30.10.2014          La Romieu – Condom

Habe heute Nacht gefroren. Erst eine zusätzliche Decke konnte mich erwärmen! Da hat man schon mal sieben Männer im Raum und dann klappt das wieder nur wenn man sich selbst kümmert. Die haben scheint`s gut geschlafen! Zum Frühstück bekommt jeder ein eigenes kleines Körbchen. Da braucht Schneewittchen sich keine Gedanken machen, wer wohl aus ihrem Körbchen genascht hat. Natürlich ist nur der Inhalt zum Verzehr geeignet! Danach machen wir einen Spaziergang nach Condom. Zeitig sind wir da. Die Zimmerverteilung gestaltet sich etwas schwierig. Komisch. Eigentlich sollte es zum Ende hin doch besser gehen!?! Man kennt sich mittlerweile recht gut und alle sind vertraut miteinander. Habe keine Probleme damit. Bedeutet aber, dass ich nicht mit Christoph ein Zimmer teile. Mein Gott, ist doch nur eine Nacht. Was soll`s. Elke und ich werden uns schon vertragen. Hoffentlich erträgt sie mein Husten und andere Geräusche…Aber jetzt erst mal duschen und ab in den Ort.

Wir besichtigen Condom. Wollte ich immer schon mal machen. Wer kann schon von sich behaupten mal in Condom gewesen zu sein? Blödes Wortspiel. Sagen die Franzosen eigentlich auch Pariser? Also, wenn Deutsche von Berlinern sprechen, ist das was Anderes! Glaub ich. Berliner kann man essen. Pariser? Eher nicht. Aber lassen wir das. Vor der Kathedrale stehen die vier Musketiere!!! Meine drei persönlichen Helden Christoph, Lothar und Gerrit dazwischen! Das wird mein Lieblingsbild! Ein Bild für die Götter! Gleich eins an Sabine geschickt. Darauf hat sie Lothars Bart entdeckt…Dumm gelaufen. Dann hinein in die große Kirche und wir haben genug Muße den Moment zu genießen. Eindrucksvoll, hell, einladend. Gefällt mir. Auf dem Marktplatz schauen wir beim Kaffee oder Bier den Passanten zu. Nach und nach trudeln weitere Pilger ein. Das ist schön. Wir denken an morgen. Das wird lang. Wir haben vor der letzten Strecke noch einmal Respekt. Also noch ein bisschen Obst kaufen und ab in die Herberge. Erst auf dem Balkon im Palettenholzschaukelstuhl, dann im Salon in tiefen Sesseln. Pünktlich läutet die Glocke zum Essen und im Speisesaal bringen uns fleißige Männerhände leckeres Essen. Der Abend ist lau, manche gehen nochmal ins Städtchen und manche sitzen auf der Trittstufe beim Heinz und vertilgen die Reste. Gute Nacht!

Freitag 31.10.2014          Condom – Eauze

Der Tag beginnt mit einem Gottesdienst! Vor dem Frühstück! Die vom Team lassen sich immer etwas Neues einfallen. Jedenfalls wird es heute weit. Also deshalb so früh aufstehen. Es geht um Auferstehung. Ich denke an Ostern. Draußen wird es langsam hell. Alle haben Teelichte in der Hand, wir singen, alles gut. Nach dem Frühstück verabschieden wir Christine und Christel. Sie machen noch einen Abstecher zu einer Freundin. Wir laufen ohne sie weiter. Und ohne das Kreuz. Schnell zurück es holen. Fast hätten wir es vergessen, das geht ja gar nicht! Ok. „Der Weg ist so lang“ (Seite 108)

Außerdem ist es immer noch sehr warm. Wie ist das Wetter in Deutschland? Manche, die Nachrichten von zu Hause haben, sagen, dass es dort regnet und ungemütlich ist. Heißt für uns, die Sonne noch mal genießen. Wir durchwandern Weinfelder. Für kurz vor der Mittagspause wird uns ein großes Schlammloch angekündigt. Wir sind alle sehr gespannt! Es soll schier unüberwindlich sein! Endlich ist es so weit! Ah, Ja. Sagen wir mal so: es hat nicht alle Erwartungen erfüllt, aber es war schon etwas glitschig und einige sahen hinterher aus wie die Wildsau (und bekleckert haben sie sich auch noch)! Das war nach der langen Trockenphase mal eine echte Abwechslung. Prompt wird es danach etwas eintöniger. Die letzten sieben Kilometer vor dem Ziel sind ein alter Bahndamm. Langweilig, aber man kommt gut voran. Und dann ist es so weit! Das Ziel unserer Jahresetappe liegt vor uns. Eauze! Durch einen Park führt unser Weg direkt zur Kirche. Kurz singen wir ein Lied, weil dann ein Gottesdienst der Gemeinde beginnt. Nur alte Leute. Wir wollen nicht stören und freuen uns draußen weiter! Dann geht’s in ein Hotel/Restaurant zum Feiern. Erst ein Getränk, dann gibt’s die Schlüssel für ein Herren- und ein Frauenzimmer. Wir können nach Herzenslust duschen, lauwarm, damit das warme Wasser für alle reicht! Super! Heute ist nicht nur Reformationstag sondern auch Halloween. Für den ersteren interessiert sich hier wahrscheinlich sowieso keiner. Aber zu Halloween sind Jung und Alt unterwegs. Die haben echt Spaß dabei- Christoph und Lothar schneiden Grimassen. Die brauchen gar keine Masken dafür. Während des Essens tragen Christiane und Lydia ein selbstgedichtetes Gedicht vor. Sehr schön. Der Wahrheit auf der Spur…Ich hoffe, wir bekommen es auch noch schriftlich! Zum Abschluss gibt es noch einen Armagnac! Hmm

 

Dann geht der Bus. Heinz und Reinhold sind schon eher weggefahren. Hoffentlich kommen sie gut an. Die Nacht wird nicht so schlimm wie letztes Jahr. Wir haben jetzt auch mehr Platz im großen Bus. Die Geräuschkulisse wir schnell kleiner. Alle sind platt. Was wird zu Hause auf uns warten? Tine hat unser Auto schon an der Kirche geparkt. An diesen Gedanken spürt man schon wieder den Alltag. Man ersehnt das Vertraute und fordert doch die Veränderung. Das richtige Maß ist wichtig. Gleichgewicht. Gelassenheit. In hektischen Zeiten die Ruhe bewahren. Daran will ich arbeiten. Ich hoffe es gelingt. Ab nach Hause!

Samstag 1.11.2014          Eauze – Baunatal

Draußen wird’s hell. Ich habe ganz gut geschlafen. Widererwartend. Anderen ging es ähnlich, aber einige haben sich schon gequält. Bald ist es geschafft. Viele unterhalten sich. Ich mag nicht! Irgendwie habe ich das Gefühl alles gesagt zu haben. Eigentlich geht das gar nicht. Trotzdem. Ich mag nicht.

Nachdenken. War es das jetzt schon? Alles vorbei? Kaum vorstellbar! Die Zeit verfliegt. Deshalb jetzt leben! Jetzt! In diesem Moment! Ich bin dabei! Und hoffentlich alle anderen auch!!!

Da sind die Pilger wieder!