Was Koffer über das Leben erzählen

HNA vom 28.02.09
von Pamela Sommer

Kassel. Kofferpacken ist meist mit positiven Gefühlen verbunden: Vorfreude auf einen Urlaub, ein Wiedersehen mit geliebten Menschen. Für 50 Baunataler war diese Aufgabe jedoch eine Herausforderung. Sie beteiligten sich an einem ungewöhnlichen Projekt und packten ihren ganz persönlichen Koffer für die Ewigkeit. Der Inhalt: Dinge, die ihnen in ihrem Leben besonders wichtig sind. Dinge, die sie hinterlassen, wenn sie sterben. Welche Gegenstände die Männer und Frauen ausgewählt haben, ist ab heute im Museum für Sepulkralkultur zu sehen.

Die Idee zur Ausstellung hatte der Baunataler Pfarrer Günter Törner. Durch eine Fernsehreportage hatte ich von einer ähnlichen Aktion erfahren“, berichtet er. Dort packten Menschen einen Koffer für ihre letzte Reise. Inspiriert von diesem Bericht, arbeitete er gemeinsam mit seiner Konfirmandengruppe ein Konzept aus. Das Besondere: Die Jugendlichen führten intensive Gespräche mit den Kofferpackern und dokumentierten den Lebensweg der Personen in Texten. Dass dazu auch die Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod gehörte, war nicht für jeden einfach.

Wer den Inhalt der 50 alten Koffer betrachtet, ist mitunter überrascht, wie viel die Männer und Frauen von ihrem Leben preisgeben. Ingrid Weiß zum Beispiel. Sie hat all die Gegenstände zusammengetragen, die ihr im Leben wichtig sind. Ihr prall gefüllter Koffer enthält Fotos, ein bunt bemaltes Kreuz und eine Flöte. Dazu hat die pensionierte Lehrerin Stichworte wie „Solidarität“ und „Kunst“ notiert. Auch über Herbert Siebert erfährt der Besucher der Ausstellung einiges: dass er ein sportlicher Mensch ist, dass er schicke Autos liebt und dass er viel Zeit mit seiner Familie verbringt. So viel Offenheit berührt.

Andere Koffer sind hingegen nur spärlich bestückt. So wie der von Augenoptikermeister Eduard Lazar. Er hat lediglich eine alte Brille, eine Lederhülle und eine unbeschriftete CD hineingetan. Man möchte ihn gern fragen, was diese Dinge für ihn bedeuten. Und auch der Koffer von Baunatals Bürgermeister Manfred Schaub lässt den Betrachter ein wenig enttäuscht zurück. Neben einem Buch über Baunatal und einem Stadtplan von Wiesbaden enthält er nur einen Mini-Fußball und einen Eiskratzer, den der SPD-Politiker im Wahlkampf als Geschenk verteilt hatte.